Review: Die Wut, die bleibt

Mareike Fallwickls Roman „Die Wut, die bleibt“ erzählt über Frauen, die sich nicht länger unterdrücken lassen. 


Achtung: Diese Buchbesprechung befasst sich mit dem Thema Suizid. Suizidgedanken und -gefühle können belastend sein. Daher unsere eindringliche Bitte: Wenn du selbst oder jemand in deinem Umfeld Suizidgedanken hat, wende dich bitte an die Krisenhilfe:

Es gibt Autorinnen, die schaffen die packende Unterhaltung. Die schreiben große und kleine Dramen so nahbar auf, dass du dich beim Lesen mit im Zimmer wähnst, dass du die Emotionen der Figuren unmittelbar spürst. Und es gibt Autorinnen, die können das große Ganze: Politik, Gesellschaftskritik, Feminismus in ein Buch hineinpacken, ohne dass es zeigefingerig wird. Mareike Fallwickl kann beides. Und bringt es zu einer zornigen Verschmelzung.

Autorin Mareike Fallwickl (Foto: Gyöngyi Tasi)

Die Abwesenheit der Männer

In »Die Wut, die bleibt« geht es um zwei Frauen, die mit dem Verlust einer dritten umgehen müssen: Helene, eine Dreifachmutter gefangen zwischen Job, Haushalt und familiärem Druck nimmt sich direkt auf der ersten Buchseite das Leben. Sie steht beim Abendessen auf, geht zum Balkon und stürzt sich ohne ein Wort in den Tod. Ihre pubertäre Tochter Lola und ihre beste Freundin Sarah müssen mit dem, was kommt, umgehen lernen – mit Trauer, Hilflosigkeit, Verantwortung für die beiden Jungs im Kleinkindalter, mit der Wut, die bleibt. Und immer diese Frage: Wie konnte es so weit kommen? Hätte ich was sehen können, tun müssen? Beide, Lola wie Sarah, finden ganz eigene Antworten.

Was deutlich auffällt: Die Abwesenheit der Männer. Es gibt sie zwar im Buch, logisch, sie sind ja nun mal Väter, Ehemänner, Liebhaber, Partner, Lehrer. Und doch hat Fallwickl sie weitestgehend aus der Handlung rausgenommen. Ganz so, wie sich auch im echten Leben immer noch viel zu viele Männer rausziehen, wenn Mental Load, Care-Arbeit, Betreuungs- und Pflegeverantwortungen verhandelt werden. Und wie sie sich auch aus Diskussionen rausziehen, sobald Frauen genau das anprangern. Als gehe es sie nichts an, an einer gerechteren und gleichgestellten Welt mitzuarbeiten.

Fallwickl skizziert an der Tochter Lola, welche Antworten Frauen finden können, wenn die Männer sich weiterhin rausziehen. Und sie zeigt mit Sarah auf, warum es so schwer ist, vor diesen Antworten immer wieder davonzulaufen. Trotz seiner Härte lässt das Buch niemanden verbittert zurück. Denn es gibt sie im Buch immer wieder, die einfühlsamen, liebevollen Momente, die uns erinnern, was Elternschaft und Partnerschaft wertvoll macht.

Viele werden sich mit »Die Wut, die bleibt« abgeholt, grimmig unterhalten und verstanden – endlich mal verstanden! – fühlen. Andere, vor allem  wir Männer, dürften ein wohliges Unbehagen empfinden, das uns immer wieder zum Weiterlesen drängt. Und: Der ein oder andere von uns dürfte verstehen, endlich mal verstehen.

Mareike Fallwickl: Die Wut, die bleibt. Erschienen im Rowohl Verlag. Erhältlich beim Buchdealer deines Vertrauens und hier ab 14€. 

Über Marc

Journalist, Papa, Buchliebhaber: Der Hamburger Politikredakteur verbringt seine Zeit gerne auf Spielplätzen, viel lieber als seine Frau, unsere PR- und Social-Media-Fee Julia. Gemeinsam sind sie Eltern einer Tochter und teilen sich die Care-Arbeit – so gut wie möglich – 50:50 auf.

Und dennoch: Auch ihm gingen während des Lesens von Fallwickls Roman viele Verständnisleuchten an. 

Bildnachweis: Titelbild (Mamsterrad), Mareike Fallwickl (Foto: Gyöngyi Tasi), Marc Röhlig (privat).

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